Das Hauger Viertel ist ein Stadtteil in einem der 13 Stadtbezirke von Würzburg und befindet sich inmitten der Altstadt. Nördlich grenzt es an den Hauptbahnhof, südlich an die Residenz. Namensgeber des Viertels ist die große katholische Kirche „St. Johannes“. Wegen des bis zur Säkularisation im Jahre 1803 dazugehörigen Kollegiatsstifts und der Lage im Stadtteil Haug wird die heutige Pfarrkirche aber nur noch „Stift Haug“ genannt.
Das Stift lässt sich auf die 1002 erwähnte Gemeinschaft der „Herren vom Berg“ zurückführen, der Name auf houc → Haug → Hügel. Das ursprünglich um das Jahr 1000 gegründete und durch Bischof Heinrich I. von Würzburg geweihte Stift Haug befand sich ursprünglich einige hundert Meter nördlich am heutigen Bahnhofsgelände.
Um Platz für die barocke Stadtbefestigung zu machen, ließ der damalige Fürstbischof das Stift 1657 an der alten Stelle abreißen und in den Jahren 1670–1691 am heutigen Platz neu bauen.
Stift Haug ist Johannes dem Täufer und Johannes dem Evangelisten geweiht. Es war der erste große Kirchenbau der Barockzeit in Franken und das bedeutendste Werk des italienischen Architekten Antonio Petrini. Die Kirche ist weithin durch ihre dem Petersdom nachempfundene Vierungskuppel sichtbar, die mit 60 Metern Höhe für die damalige Zeit ein mutiges Werk darstellte.
Beim Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 brannte die Kirche aus und die einst reiche barocke Innenausstattung ging verloren. 2005 wurde die Komplettrenovierung des Innenraums abgeschlossen. In den Altarstein sind die Reliquien von drei fränkischen Heiligen eingelassen: Burkard, Bruno und Liborius Wagner. Als Altarbild dient das Gemälde „Kreuzigung“ von Jacopo Tintoretto von 1583. Ein weiteres besonderes Kunstwerk ist das Bronzekreuz von Dietrich Klinge. 1)Informationen von Wikipedia.de
Semmelgasse oder Semmelstraße?
Die zentrale Straße durch das Hauger Viertel ist die Semmelstraße, welche auch eine durchaus belebte Geschäftsstraße mit vielen kleinen Läden ist. Bis kurz vor dem Ersten Weltkrieg hatte sie noch den Namen „Semmelgasse“ und war eine der ältesten Gassen Alt-Würzburgs. Die Herkunft des Namens ist nicht ganz gesichert. Erste Erwähnungen finden sich aber bereits in einer Urkunde aus dem Jahr 1253. Darin machte der Dekanat Herbort zu Haug dem „Johanniter Hospitale sein in dieser Gasse gegen Haug hin gelegenes Haus samt Garten zum Geschenk“.
Andere Überlieferungen besagen, dass in der Semmelgasse früher die „Semmler“ – also die „Weißbäcker“ – ihre Backstuben hatten. Die Weißbäcker waren die Bäcker, welche im Gegensatz zu den „Schwarz- oder Fastbäckern“ nur weißes oder Weizenbrot gebacken haben.
Gemeint sind damit natürlich auch die Brötchen – oder in Mundart: „Semmeln“. Da man innerhalb der damaligen Stadtmauern die Gefahr durch Brand und Feuer der unsicheren Backstuben fürchtete, verwies man die „Semmler“ vor die damaligen Stadtmauern, um die Stadt zu schützen.
Die von der südlichen Häuserreihe von der Semmelstraße begrenzte Fläche nahmen einst sumpfige Gärten und nach einer Urkunde aus dem Jahre 779 auch der Egelsee ein.
Der ostaron egelseo dar der Spirboum stuont
(der östliche Egelsee, wo der Spierbaum stand) wird ein Satz überliefert. Der erwähnte See hat sich im Volksmund als „Egelsee“ erhalten.
Mit Egelsee wurde ein nasser Graben bezeichnet, der die Mittelmauer entlang, welche sich längs des Spitalgartens nach Nordosten zog, verlief. Der „Egelsee“ wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts trockengelegt. Die einstige Semmelgasse zog sich vom Spitteltor beim neuen Bürgerspital vorbei, längs des Egelsees und späterhin auch durch das Teufelstor bis zum St.-Afra-Tor beim Dicken Turm. Die Tore und der Dicke Turm sind schon lange abgerissen. Sie gehörten ursprünglich zur Stadtmauer, die etwa in den 1870er Jahren nach der „Aufhebung der Festungseigenschaft für Würzburg“ entfernt wurde.
Durch einen alten Brauch ist die Semmelstraße weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt – „die Zwiebelkirwe“ (Zwiebelkirchweih). Jedes Jahr, wenn in der dritten Augustwoche die Wallfahrer vom heiligen Berg der Franken (dem Kreuzberg in der Rhön) zurückkehren, gibt es für genau einen Tag ein Straßenfest mit reichlich Zwiebelkuchen, Bratwürsten, Kuchen und Frankenwein. 2)Informationen aus dem Buch „Würzburger Straßennamen“ von Bruno Rottenbach
Bilder aus dem Hauger Viertel
Das Hotel „Zur Stadt Mainz“
Von den ursprünglichen und alten Häusern aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg sieht man in der Semmelstraße heute so gut wie nichts mehr. Das Gasthaus „Zur Stadt Mainz“ ist allerdings eines der wenigen wirklich ganz alten und traditionellen Häuser der Straße und Stadt. Ganz früher hieß es einmal „Zum Raben“ und der Ursprung soll bis auf das Jahr 1430 zurückgehen.
Der Rabe war damals das Stammlokal der Leinreiter. Dies waren einst Leute, die mit Ihren Pferden Schiffe den Main aufwärts zogen. Sie kamen von Mainz her Mainaufwärts und stellten ihre Pferde im „Raben“ ab. Und so wurde der „Rabe“ irgendwann in „Stadt Mainz“ umbenannt.
Im Oktober 2008 sorgte das Hotel für nationale Schlagzeilen. Die beiden Besitzerinnen Margarete und Anneliese Schwarzmann hatten echte Zivilcourage bewiesen und gezeigt, dass Geld eben nicht alles ist auf der Welt. Hintergrund: die Schwestern wollten das Hotel aus Altersgründen verkaufen. Sie waren allerdings findig genug, unter den Kaufinteressenten die „Strohleute“ der rechtsradikalen NPD zu enttarnen und abzulehnen. Für die beiden älteren Damen ein absolutes Ding der Unmöglichkeit. Toll!
Die Kroatengasse
Direkt an die Semmelstraße schließt sich in Richtung Berliner Ring die Kroatengasse an. Ihren Namen hat sie im Dreißigjährigen Krieg erhalten, als sich bei den hier eingerückten österreichischen Truppen Kroaten befanden, welche in die damals dort gestandenen kleinen Häusern einquartiert wurden. Die Gegend bei der früheren Wallgasse hieß früher deshalb „Kroatendörfchen“. Diesen Ort beschreibt auch die folgende Geschichte.
Würzburger Mundart
We mer von neia Thoar reikummt, und die ersta Gass linker Hand naufgeat, so kummt mer an a Reiha Heiser, und di hessa di Wörzborger es Krabattederfla.
Wi di Schweda von di Kaiserlicha Saldata nausgejagt worn sen, warn a a paar Kumpeni Krabatta debei.
Und weil die Krabatta lauter Kerl warn, dena mer nit recht hat trau dörf, weil sie gern lange Finger g’macht ham, so hat sie ihr General mit enanner doa raus nei di klena Heisli eiquatirt.
In dena Heisli ham grad ke Leit gewohnt, und weil di Krabatta nit in di Stadt nei gedörft ham, so hat mer di Heiser es Krabattaderfla g’hessa und so heßt’s no heit ze Tag.3)Originaltext entnommen aus: Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 222.
Hochdeutsch
Wenn man durch das neue Tor (Neutor) in die Stadt kommt und die erste Gasse linker Hand hinaufgeht, so kommt man zu einer Reihe Häuser und die nennen die Würzburger das „Kroatendörfchen“.
Als die Schweden von den kaiserlichen Soldaten aus der Stadt gejagt wurden, waren auch einige Kroaten dabei.
Und weil die Kroaten Leute waren, denen man nicht recht trauen konnte, weil sie gern etwas gestohlen haben, so hat sie der General alle zusammen in die kleinen Häuschen einquartiert.
In den Häuschen haben gerade keine Leute gewohnt, und weil die Kroaten nicht in die Stadt durften, so hat man die Häuser das „Kroatendörfchen“ genannt und so nennt man es auch heute noch. 4)Eigene Übersetzung in das Hochdeutsche.
Der „Russische Hof“
Das ehemalige Prachthotel „Russischer Hof“ im Hauger Viertel kennen heute – wenn überhaupt – nur noch alte Würzburger. Kein Wunder, wurde es doch durch den Zweiten Weltkrieg völlig zerstört. Der „Russische Hof“ ist das Gebäude, in dem sich das erste McDonalds (und bis 31.12.2010 ein KFC bzw. „Worlds Best Chicken“) Restaurant der Stadt am Barbarossaplatz befand.
Ursprünglich standen an dessen Stelle drei Gebäude, welche schon seit 1491 bekannt waren. Ein weiteres wurde 1772 erbaut. Zwei dieser Häuser wurden dann 1805 zum Gasthaus „Fränkischer Hof“ umgestaltet. Die beiden anderen Häuser wurden 1848 umgebaut und so entstand das große Hotel „Russischer Hof“.
Nach dem Krieg entstand in den Jahren zwischen 1957 und 1958 das jetzige Gebäude. Wer einmal die Möglichkeit hat, sollte sich den großen Saal im linken Gebäudeteil des Fast-Food-Restaurants ansehen. Dabei handelt es sich nämlich um den erhalten gebliebenen ehemaligen Theatersaal mit richtiger Bühne. Der Gedenkstein mit der Inschrift befindet sich an der Rückseite des Hauses an der kleinen Passage zwischen Theater- und Textorstraße. Leider ist dieser von außen nicht mehr zu sehen, da sich dort mittlerweile ein kleiner Biergarten befinden.
Das erste Parkhaus der Stadt
Am 1. Mai 1960 wurde das Parkhaus am Haugerkirchplatz eröffnet. Es war das erste Parkhaus in Würzburg und das erste seiner Art in Bayern. Die Besitzer Klaus und Hedy Ostberg erkannten früh die Zeichen der Zeit. Anfangs wurde vorwiegend bei Nacht geparkt und bei einer Parkgebühr von 20 Pfennig pro Stunde war die Service-Tankstelle lange das Hauptgeschäft. Mit dem Aufkommen der SB-Tankstellen wurde sie unrentabel. Auch heute wird für das Parken noch Personal eingesetzt. 5)Text und Bilder (abfotografiert) aus dem Schaukasten am Parkhaus.
Das Hauger Viertel bei OpenStreetMap
Quellenangaben