Immer wieder mal werde ich von Zuschauern meiner Sonntagsvideos angeschrieben und nach sogenannten „Lost Places“ in und um Würzburg gefragt. Leider muss ich dann immer antworten, dass es davon bei uns in der Gegend nur sehr wenige gibt.
Der Grund dafür ist, dass Würzburg schon immer eine Schul- und Universitätsstadt ist und nie eine Industriestadt war. Folglich gibt es hier auch kaum alte und verlassene Industriegelände oder sonstige „vergessene Orte“, die sog. „Lost Places“ also.
In diesem Beitrag möchte ich versuchen einen Überblick über einige der in der Gegend um Würzburg vorhanden und ehemaligen Orte dieser Art geben.
Charlott-Terrassen
Die Charlott-Terrassen am Fuße des Nikolausbergs waren einst ein beliebtes Ausflugslokal der Würzburger. Bis in die 1960er Jahre konnte man in diesem Café, welches sich direkt unterhalb des Käppele befindet, wunderbar über große Teile von Würzburg blicken. Übrig geblieben ist von der damaligen „Pracht-Location“ nur eine einsturzgefährdete Ruine, die nur noch erahnen lässt, wie schön es hier wohl mal war.
Im Januar 2018 war ich für eines meiner Sonntagsvideos auf dem Gelände unterwegs und habe dabei seine Geschichte erzählt. Heutzutage ist der Bereich komplett eingezäunt und darf nicht betreten werden. Wahrscheinlich auch durch mein Video ist das Gelände damals wieder verstärkt in den Focus der Öffentlichkeit geraten und ist erst in den Jahren nach meinem Besuch entsprechend abgeriegelt worden.
Die Posthallen und der alte Verladebahnhof
Direkt am Würzburger Hauptbahnhof befinden sich die in den 1970er Jahren errichteten Posthallen. Bis zur Umstellung auf das fünfstellige Postleitzahlensystem im Jahr 1993 war dies das Briefverteilerzentrum der Deutschen Bundespost. Zu den Hallen, in denen jeden Tag sämtliche Postsendungen für den Bereich der alten Postleitzahl „8700 Würzburg“ sortiert wurden, gehörte damals auch ein eigener Gleisanschluss mit Verladerampen.
Ich kann mich noch gut an die Zeiten damals erinnern: Jeden Tag fuhren unzählige Post-LKWs auf das Gelände, um Postsendungen zu bringen oder holen. Vor allem in den Abend- und Nachtstunden war auf dem Gelände Hochbetrieb. Dazu kamen in regelmäßigen Abständen Züge auf den drei eigenen Gleisen an und wurden be- und entladen.
Mit der Einführung der neuen Postleitzahlen wurde die ganze Anlage komplett überflüssig. Denn am Wöllrieder Hof wurde ein neues Briefverteilerzentrum für den Bereich 97xxx gebaut und ist seit dem in Betrieb. Hier werden jeden Tag über 1.00.000 Briefsendungen verarbeitet. Es ist damit eines der kleinsten Briefverteilzentren in Deutschland!
Im März 2018 habe ich die Posthallen für ein Reportage-Video besucht. Für die Zukunft ist der Abriss der kompletten Anlage und eine Neubebauung mit Wohnhäusern und einem Hotel geplant. Wann es damit wirklich losgehen soll, ist in Würzburg allerdings immer noch nicht endgültig geklärt.
Die ehemalige Kfz-Werkstatt und Autolackiererei in Heidingsfeld
Unweit der Straßenbahnhaltestelle Andreas-Grieser-Straße im Stadtteil Heidingsfeld, befindet sich ein recht großes Areal, welches ursprünglich als Kfz-Werkstatt und Autolackiererei diente. Das Gelände ist seit vielen Jahren verlassen und mittlerweile eingezäunt – ein Betreten ist also nicht mehr möglich. Im Jahr 2014 hatte ich die folgenden Bilder gemacht, bei denen ich mich bewusst für eine dramatische Inszenierung entschieden hatte.
Die Frankenhalle in Würzburg
Die alte Frankenhalle im Würzburger Stadtteil Pleich war einst eine Halle für Viehauktionen und Veranstaltungen. Gebaut 1928, wurde das Gebäude bis Anfang der 1990er Jahre entsprechend genutzt. Seit dem steht die Halle leer und gammelt vor sich hin. Für die Zukunft sind diverse Umbaumaßnahmen geplant. Die Frankenhalle kann nicht besucht werden und ist verschlossen. Durch den Kontakt eines meiner Zuschauer hatte ich allerdings im März 2022 die einmalige Gelegenheit, diesen Lost Place für einen Nachmittag ganz offiziell besuchen zu dürfen. Der ehemalige Anbau, in dem sich einst die Stallungen für die Tiere befanden, ist mittlerweile abgerissen worden, da er im Gegensatz zur eigentlichen Frankenhalle nicht unter Denkmalschutz steht.
Das verlassene Hofgut Öttershausen
Im Landkreis Kitzingen, ca. 25 Km von Würzburg entfernt, befindet sich das verlassene und verfallene Hofgut von Öttershausen welches Ende des 16. Jahrhunderts errichtet wurde. Nachdem Teile des Gebäudes total verfallen und mehr als einsturzgefährdet waren, erfolgte 2011 der Teilabriss der Anlage. Übrig geblieben ist der Teil, der vom Würzburger Barockbaumeister Balthasar Neumann errichtet wurde.
Auch diesen Ort habe ich im Frühjahr 2020 für eines meiner Sonntagsvideos besucht.
Grundsätzlich möchte ich hiermit ganz eindeutig davon abraten, das Hofgut zu besuchen! Das Gebäude ist – wie man im Video deutlich sehen kann – stark einsturzgefährdet. Wenige Tage nach meinem Video ist ein junger Mann im Gebäude abgestürzt und hat sich dabei schwer verletzt.
Wie groß und prächtig die Anlage einst war, zeigt ein Rundflug über das Hofgut vor dem Abriss. Kein Vergleich zu heute!
Ehemaliger Rundlokschuppen am Würzburger Hauptbahnhof
Von 1910 bis 2012 (unterbrochen von den Zerstörungen im 2. Weltkrieg) stand auf dem Gelände des Bahnbetriebswerks Würzburg bis zum Abriss im Oktober 2012 der Lokschuppen „Haus 3“. Das Gebäude war in einem äußerst maroden und einsturzgefährdeten Zustand – ein echter „Lost Place“ eben.
Laut der Bahn AG war der alte Lokschuppen eine „erhebliche Emissionsquelle von Schadstoffen“ im Untergrund, wie etwa Unkrautvernichtungsmitteln. Die Schadstoffe stellten demnach eine „Gefahr für die Würzburger Bahnhofsquellen dar“ und gefährdeten die Trinkwasserversorgung der Innenstadt.
Im Wissen um den geplanten Abriss des Gebäudes war ich einige Wochen vorher – im September 2012 – auf dem Gelände, um einige Fotos und einen kleinen Film zu machen.