Das alte Bahnbetriebswerk Würzburg im Stadtteil Grombühl zwischen Ständerbühl- und Rimparer Straße hat seine besten und damit die „betriebsamen“ Zeiten lange hinter sich gelassen. Vor allem die Gebäude des Bahnbetriebswerks „BW1“ gammeln heute nur so vor sich hin und sind teilweise in einen wahren „Dornröschenschlaf“ verfallen. An vielen Stellen wachsen Büsche, Bäume und Gräser, wo früher Dampfloks und später Diesel- und E-Loks ihren Standort hatten.
Drei Lokschuppen gab es ursprünglich. Alle drei Häuser wurden beim Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 stark zerstört und nach dem Krieg wieder aufgebaut. Während das auch heute noch existierende und mittlerweile unter Denkmalschutz stehende Haus 1 originalgetreu wieder aufgebaut wurde, ist der Ringlokschuppen „Haus 3“ 1948 als Beton-Konstruktion mit Ziegelfüllung neu errichtet worden.
Der baufällige Ringlokschuppen „Haus 2“ wurde ebenfalls in den 1950er Jahren komplett abgerissen. Übrig geblieben sind davon lediglich die Drehscheibe und die Gleise, die heute als „Parkplatz“ für einige der im Bahnbetriebswerk Würzburg stationierten E-Loks dienen.
Geschichte des Bahnbetriebswerks Würzburg 1
Am 1. Juli 1854 wurde der Eisenbahnverkehr auf der Strecke Schweinfurt – Würzburg eröffnet. Nur drei Monate später folgte die Verlängerung über Aschaffenburg nach Kahl am Main und später nach Frankfurt. Durch weitere Strecken nach Ansbach (1864), Nürnberg (über Kitzingen / Neustadt 1865) und über Osterburken nach Heidelberg (1866) stieg Würzburg schnell zu einem wichtigen Eisenbahnknoten auf, der natürlich auch ein eigenes Bahnbetriebswerk (Eisenbahner sagen kurz und knapp „Bw“ dazu) unterhalten musste.
Zunächst wurden dort aber nur Dampflokomotiven u.a. der Baureihen S 3/5, S 3/6 01, 01.10, 03, 44 oder 45 unterhalten. Obwohl 1935 schon elektrisch von München über Augsburg nach Nürnberg gefahren werden konnte und Pläne eine baldige Elektrifizierung bis Würzburg vorsahen, dauerte es durch den 2. Weltkrieg noch rund 20 Jahre, bis auch Würzburg an den elektrischen Fahrdraht angekoppelt wurde.
Erst nach der Elektrifizierung der Strecke Nürnberg – Regensburg konnte 1952 die Elektrifizierung der Strecke Nürnberg – Würzburg – Aschaffenburg in Angriff genommen werden.
Am 24. September 1954 konnte die E 18 047 dann als erste E-Lok aus eigener Kraft auf der gerade fertig elektrifizierten Teilstrecke von Nürnberg nach Würzburg ihre erste Probefahrt unternehmen und erreichte damit als erste E-Lok aus eigener Kraft die Mainstadt. 1)Infotext von www.elektrolok.de. Der Artikel enthält sehr viele ausführliche Informationen über die Geschichte des Bw Würzburg 1.
Bilder aus dem Bahnbetriebswerk BW 1 in Grombühl
Die hier gezeigten Bilder entstanden zwischen 2006 und 2011. Ich habe mich bewusst dafür entschieden, einige ältere Fotos bei der Neugestaltung der kompletten Homepage im Jahr 2014 und auch 2024 zu belassen. Gerade die Bilder in der ersten Reihe zeigen eben den ehemaligen Lokschuppen „Haus 3“, der im Herbst 2012 abgerissen wurde.
Viel hatte sich hier einfach nicht geändert in den vergangenen Jahren. An manchen Stellen hat man auch heute wirklich den Eindruck, als wäre die Zeit stehen geblieben. Einerseits finde ich es schön zu sehen, wie Zeit und Natur „arbeiten“, andererseits ist es schade um manch alte Gebäude.
Das Bahnbetriebswerk Würzburg (BBW) früher
In früheren Zeiten war das Bahnbetriebswerk nicht nur ein „normales“ Bahngelände, sondern gehörte an einer Stelle auch zum Bereich „Rotlicht“ in Würzburg. Das schöne alte Gebäude aus den Anfangstagen des vorigen Jahrhunderts wurden bis in die 1990er-Jahre noch von einigen Prostituierten der Stadt als Domizil genutzt. Eine Anwohnerin aus der Nachbarschaft, die ich hier beim Fotografieren zufällig traf, erzählte mir einige Geschichten dazu und beschrieb, wie die „leichten Mädchen“ gegenüber dem Haus an einem Mauervorsprung leicht bekleidet sitzend auf ihre „Freier“ warteten.
Das Gebäude stand längere Zeit leer und wurde verkauft. Der neue Besitzer hat das Haus renoviert und es sind inzwischen (Dezember 2014) einige Studenten in WGs eingezogen. Es wäre ja auch schade um so ein schönes altes Haus gewesen, welches übrigens nicht der Bahn gehört und auch nie gehörte, wie mir die Dame erzählte.
Wer sich wie ich darüber wundert, warum man ein solches Haus direkt an die laute Bahnstrecke gebaut hat, muss erst einmal ein wenig in der Zeit zurückdenken. Damals (ca. um 1910) führten die Bahngleise noch nicht so nah am Haus vorbei. Und auch hinter dem Gebäude gab es lange noch nicht den dauerhaft lärmenden und von Autoabgasen stinkenden Stadtring. Das Haus stand also relativ gesehen im „Grünen“, denn dahinter kamen nur noch die Weinberge …
Lokschuppen „Haus 3“ und der Abriss
Von 1910 bis 2012 (unterbrochen von den Zerstörungen im 2. Weltkrieg) stand auf dem Gelände des Bahnbetriebswerks Würzburg bis zum Abriss im Oktober 2012 der Lokschuppen „Haus 3“. Das Gebäude war in einem äußerst maroden und einsturzgefährdeten Zustand.
Laut der Bahn AG war der alte Lokschuppen eine „erhebliche Emissionsquelle von Schadstoffen“ im Untergrund, wie etwa Unkrautvernichtungsmitteln. Die Schadstoffe stellten demnach eine „Gefahr für die Würzburger Bahnhofsquellen dar“ und gefährdeten die Trinkwasserversorgung der Innenstadt.
Im Wissen um den geplanten Abriss des Gebäudes war ich einige Wochen vorher – im September 2012 – auf dem Gelände, um einige Fotos und einen kleinen Film zu machen.
Die hier gezeigten Bilder habe ich bewusst als sogenannte „HDR“ Fotos (High Dynamic Range = hoher Dynamikumfang) angefertigt, um sie etwas „dramatischer“ wirken zu lassen. Gerade zu solch alten Industrieanlagen passt diese Technik für meinen Geschmack ganz gut. Das Gebäude war zu diesem Zeitpunkt aber so oder so schon in einem wirklich erbärmlichen Zustand.
Das ehemalige Gaswerk an der Ständerbühlstrasse
Im März 1875 begannen auf diesem Gelände an der Ständerbühlstrasse in Grombühl die Bauarbeiten für das städtische Gaswerk. Hier wurde bis 1965 Stadtgas produziert – also aus Steinkohle (auch Braunkohle) gewonnenes brennbares Gas für Heizung und Beleuchtung. Auch die öffentlichen Busse wurden nach dem Krieg mit Stadtgas betrieben und hatten Gasblasen aus Gummi als Vorratsbehälter auf den Fahrzeugdächern montiert. Das fertige Gas wurde in zwei sehr großen Gaskesseln gespeichert, die man wegen ihrer Größe auch aus der Entfernung gut sehen konnte – die sogenannten „Gasometer“. Dieses alte Foto zeigt eine Luftaufnahme von 1958 der kompletten Anlage.
Die ehemals mit grüner Rostschutzfarbe bestrichenen Behälter wurden aber bereits in den 1990er Jahren entfernt, nachdem man keine Verwendung mehr dafür hatte. Vor dem Abriss gab es in Würzburg die Überlegung, aus den Kesseln eine Ausstellungsfläche bzw. eine Art Kulturzentrum zu machen (vgl. der Gasometer in Oberhausen / NRW. Dieses wird heute als Kunst- und Ausstellungshalle verwendet und war der größte Gasometer Europas). Die Idee wurde damals aber u.a. aus finanziellen Gründen zugunsten des Abrisses schnell verworfen.
Die Aufnahme oben zeigt das ehemalige Hauptgebäude des Gaswerks; es wurde im Jahr 2010 komplett saniert, nachdem es zuvor sehr marode ausgesehen hatte. Es wurde von 1932 bis 1934 im Stil der „Neuen Sachlichkeit“ errichtet und steht inzwischen unter Denkmalschutz. In den Turm wurden nach dem Zweiten Weltkrieg fünf Stockwerke eingebaut und Notwohnungen eingerichtet. Nach der Renovierung in den 1990er Jahren wird das Haus heute als Bürogebäude genutzt, die Halle als Werkstatt und Lagerraum. Im Turm befindet sich das historische Archiv der WVV. 2)Informationen aus diesem Artikel stammen zum Teil aus der Stadtteilzeitschrift „Meeviertel Anzeiger“ (08/2006), sowie von der Webseite des historischen Archivs der WVV.
Der Stadtteil Grombühl
Das Bahnbetriebswerk Würzburg 1 befindet sich im Stadtteil Grombühl – dem ehemaligen „Eisenbahnerviertel“ der Stadt.
Das Bahnbetriebswerk Würzburg bei OpenStreetMap
Quellenangaben
Sehr schöne Artikel über einen wichtigen Teil des Eisenbahn-Wesens: das Bahnbetriebswerk in Würzburg… Der Eisenbahnbetrieb hatte mich immer schon fasziniert, was wohl daher kommt, dass ich fast in einem Zug zur Welt gekommen bin als meine Eltern von Bad Mergentheim nach Backnang mit der Eisenbahn fahren wollten. Bis Crailsheim hatte die Mutter es noch geschafft, aber dann war schnell klar dass die Reise im dortigen Krankenhaus vorzeitig endete 🙂 – und auch Crailsheim ist ja ein Bahnknoten mit ehemaligem Betriebswerk, von wo aus damals noch zahlreiche Dampflokomotiven, u.a. die BR 23 und 50, ins Taubertal fuhren…
Im Hauptbahnhof Würzburg entstanden u.a. meine ersten Eisenbahnfotos, damals noch mit einer ganz einfachen Kodak Instamatic, Mann oh Mann – waren das Zeiten, die Bilder natürlich in der Qualität jenseits von „Gut und Böse“ 😉
Mit netten Kollegen vom Modelleisenbahnclub haben wir dann später das BW Würzburg öfters aufgesucht. Dann schon mit einer Spiegelreflex-Kamera ausgestattet sahen die Fotos schon recht ansehnlich aus. Nach Anmeldung über die Lokleitung und Entrichtung eines kleinen Versicherungsbeitrags durften wir dann anfangs noch mit einer Bahn-Begleitung, später auf eigene Faust, die Anlagen besichtigen.
Hauptinteresse galt damals den Altbau-Elloks, die E 18 stand kurz vor der Ausmusterung und zahlreiche Fotos mit der Lok und vor Personenzügen füllten unsere Filme. Darunter auch mit E 18 047 die Lok, welche den Eröffnungszug nach Aufnahme des elektrischen Betriebs gezogen hat. Noch mit den alten, grossen Scheinwerfern, manche Loks wurden umgebaut und hatten kleinere Lichter, darunter noch zuschaltbare, rote Schlusslichter….
Jo, lang ist’s her – wunderbare Zeiten und mit heute kaum mehr vergleichbar! Die Kids wachsen heutzutage mit dem ICE auf, auf dem Hauptbahnhof und im BW siehst Du viele, moderne Loks und Triebwagen. Der ehemalige „Reiz“ des Alten ist längst verblichen, der abwechslungsreiche Zugbetrieb mit unterschiedlichen Lokomotiven und Wagen kann nur noch im Modell nachvollzogen werden. Aber so isses halt: Schnelligkeit, Bequemlichkeit, Kostenreduzierung – das ist es was heute zählt. Die Menschen strömen aber weiter gerne zu den Museumsbahnen um genau DEN alten Charme einer „arbeitenden, lebenden“ Dampflok zu erleben, in alten Wagen mit Holzfenstern zu fahren mit einem Schaffner, der wie früher mit seiner Zange Löcher in die Karton-Fahrkarten knipst 🙂
Herzliche Grüsse
Vielen Dank für den schönen Kommentar! An die Zeiten als die bereits z-gestellten E18 Mitte der 80er noch Jahre lang im BW vor sich hingammelten, kann ich mich auch noch gut erinnern.